Im folgenden Bild siehst du Francesco, nein, er ist nicht der König der Insel aber einer der Gründer von Vinisola und er erzählt mir hier von der Königin von Pantelleria …
Fly away on my Zephyr – I feel it more then ever – and in this perfect weather – we’ll find a place together … so besingen die Red Hot Chili Peppers den Westwind Zephyr, dessen bloßer Hauch Mensch, Tier und Pflanze befruchten soll. Zefiro (Zephyr) heißt auch eines der Topprodukte des jungen Unternehmens Vinisola auf Pantelleria, wo es an Wind nicht mangelt und auch nicht an Menschen, die gern an einem Ort zusammen anpacken wollen. Mit Francesco Rizzo sprach ich über die vielen Unwägbarkeiten der Insel aber auch über die Freude an ihren Früchten, welche die Königin von Pantelleria schenkt.
Das Interview über die Königin von Pantelleria
Katrin: Name?
Francesco: Francesco Rizzo
Katrin: Wann und wo geboren?
Francesco: Ich bin am 3. Februar 1958 in Gavirate, in der Provinz Varese geboren. Meine Eltern sind beide aus Pantelleria und so fühlte ich mich immer sehr mit der Insel verbunden.
Katrin: Und heute wohnst du auch in Pantelleria?
Francesco: Nein, ich wohne vor allem im Norden, auch weil ich so näher an den Märkten für unseren Wein bin. Aber ich bin natürlich alle zwei oder drei Monate für circa eine Woche vor Ort, um der Königin von Pantelleria zu huldigen.
Katrin: Wie heißt dein Weingut, wo befindet es sich und welche Rolle hast du dort inne?
Francesco: Unser Betrieb heißt Vinisola mit Sitz direkt im Ort Pantelleria, in der Weinbauzone Pantelleria DOP*. Ich bin einer von sechs Mitgliedern von Vinisola und verantwortlich für den Vertrieb.
Katrin: Dann ist Vinisola die Zusammensetzung von Vini und Isola, richtig?
Francesco: Ja, genau so ist es, Katrin. Wir wollten unsere Betätigung mit dem Ort verbinden, an dem sie stattfindet, darum Vini (Weine) und Isola (Insel), also Vinisola, auch weil das Ausgangsprodukt unserer DOP-Weine, der Zibibbo zu hundert Prozent aus Pantelleria stammt.
Von den Anfängen bei Vinisola, von Leidenschaft und Tradition
Katrin: Wie bist du und sind die anderen fünf zum Weinmachen gekommen?
Francesco: Das war eine Order der Königin von Pantelleria. Nein, Schwerz beiseite. Unser Önologe sagt, weil wir verrückt sind. Ich hatte schon eine Weile darüber nachgedacht, mehr Zeit auf der Insel zu verbringen. Für mich war Wein schon immer eine Leidenschaft, seit mein Großvater ihn für den Hausgebrauch auf einem Stück Land bei Campobello machte. Die anderen Mitglieder haben schon immer – in etwas größerem Stil – Trauben produziert und so mussten wir nicht erst neue Rebflächen anlegen. Die Trauben wurden früher an Kooperativen geliefert, abwechselnd mal an die aus Pantelleria oder andere Produzenten und, wie gesagt, einer von uns ist ein diplomierter Agronom und Önologe und arbeitet seit über 30 Jahren in diesem Bereich in Pantelleria.
Katrin: Wie genau war das mit deinem Großvater und dem Wachsen deiner Passion für den Wein?
Francesco: Wir waren jedes Jahr für mindestens einen Monat im Sommer auf der Insel. Ich erinnere mich, dass ich als kleiner Junge in den 60er und 70er Jahren die Trauben im August unter einer strahlenden Sonne mit den anderen in Holzkisten erntete, in die circa 6 bis 10 Kilogramm frische Trauben passten. Die Ernte des Zibbibo als Tafeltraube erfolgte ganz früh am Morgen, wenn die Temperatur noch niedrig war und das geerntete Produkt wurde – vor der Sonne geschützt – sofort auf einen LKW geladen und noch am gleichen Tag nach Sizilien aber auch zu einigen Märkten auf das italienische Festland verschifft. Die ganze Familie beteiligte sich daran, während die Großmutter ein schnelles aber gehaltvolles Essen für alle zubereitete. Sie kochte für uns und die Bauern, die als Erntehelfer arbeiteten und getrunken haben wir dazu den Weißen meines Großvaters. Dieser Wein war vollmundig und wunderbar harmonisch im Geschmack und hatte eine schöne kräftige Farbe.
Katrin: Und seit wann produziert ihr als Vinisola euren eigenen Wein?
Francesco: Mit Vinisola haben wir 2010 gemeinsam begonnen und der erste Jahrgang, der vollständig in unserem Weinkeller gemacht wurde war der 2011er. Und das kam so, dass wir uns eines Tages im Juni 2010, bei Tisch, vor einem Glas Wein gefragt haben: „Warum hören wir nicht auf, unsere Trauben anderen zu überlassen? Warum fangen wir nicht selbst an, Wein zu machen?“ Wir hatten ja Erfahrungen aus ganz unterschiedlichen Lebensentwürfen zwar, aber aus sich ergänzenden Berufen. Aber vor allem hatten und haben alle eine tiefe Liebe für diese faszinierende Insel, einmal wegen der Gegensätze ihres Territoriums und zum anderen wegen der Königin von Pantelleria.
Die raue und doch bezaubernde Insel
Katrin: Welche Gegensätze sind das?
Francesco: Pantelleria ist einerseits rau und unheimlich, wenn das Meer hoch peitscht, aber die Insel kann ebenso bezaubernd und freundlich sein, wenn die Sonne strahlt. Gleichzeitig ist Pantelleria reich an landwirtschaftlichen Flächen, die noch unbelastet sind und vor langer Zeit den Dreh-und Angelpunkt für die wirtschaftliche Entwicklung darstellten. Da wollen wir wieder hin und daher kam der Wunsch auf, sich einen Ruck zu geben und es gemeinsam anzupacken, um zur Aufwertung der Früchte der Insel und des Wertes der Territorialität an sich beizutragen.
Wir wollen die Tradition fortführen, die Produkte der Königin von Pantelleria, die Zibibbo-Traube (Moscato di Alessandria), vor Ort zu produzieren und zu vertreiben, denn hier in Pantelleria hat diese Rebsorte ihre beste Ausdruckskraft aufgrund der Eigenschaften des Terroirs, der Mineralik, die der vulkanische Boden schenkt, der Nähe zum Meer und der mediterranen Sonne.
Von Lieblingsweinen, Auszeichnungen und Sehnsüchten
Katrin: Welches ist dein Lieblingswein aus eurem eigenen Sortiment?
Francesco: Für mich ist das der Arbaria Passito di Pantelleria DOP, unser Spitzenprodukt. Aber wir sind auch sehr dem Zefiro Pantelleria Bianco DOP zugeneigt. Der Name Zefiro stammt übrigens vom Namen des leichten und frischen Westwindes, der den Frühling ankündigt und ein Symbol für die Wiedergeburt beziehungsweise das Aufblühen der Natur ist. Zefiro ist ebenfalls aus 100 % Zibibbo, er ist ein trockener Wein, jedoch mit der typischen Aromenfülle aus der Zibibbo-Traube, unserer Königin von Pantelleria.
Für Luca Maroni** ist der 2011er einer der „konzentriertesten und mächtigsten Weißen Siziliens, ein echter Film aus Glyzerin und Extrakt mit großer Samtigkeit und voll ausgereifter Frucht“.
Katrin: Welches ist dein Lieblingswein nicht aus eurem Sortiment?
Francesco: Seit bereits mehr als 10 Jahren macht Sizilien nun endlich ausgezeichnete Weine, darunter den Nero d’Avola von Morgante. Meiner Meinung nach ist er ein gutes Symbol für den starken Willen und die Gemütsverfassung der Sizilianer.
Katrin: Was würdest du machen, wenn du dich ein Jahr nicht darum kümmern müsstest, deine Brötchen selbst zu verdienen?
Francesco: Ich muss sagen, dass ich das Glück habe, genau dass tun zu können, was mir Spaß macht – viel reisen – nach einem Leben, in dem ich mich um die Finanzen eines internationalen Unternehmens gekümmert hatte. Aber sicher würde ich weiter reisen, um immer wieder neue Erfahrungen zu machen, im Besonderen in der Weinwelt.
Katrin: Mit welchem Menschen würdest du gern einmal deinen Lieblingswein trinken und warum?
Francesco: Mein Wunsch wäre es, diese Emotion mit meinem Vater teilen zu dürfen, der in Pantelleria geboren wurde und dort bis 1955 gelebt hatte. Leider ist er bereits vor einigen Jahren verstorben und konnte in seinen letzten Jahren aus gesundheitlichen Gründen auch nicht mehr den jährlichen Urlaub auf seiner Insel verbringen, die er so liebte. Ich bin sicher, er hätte dieses Abenteuer gutgeheißen und wäre sehr zufrieden.
Katrin: Hast du noch einen anderen Traum?
Francesco: Dazu beizutragen, die weinbaulichen Traditionen eines schwierigen aber wunderschönen Territoriums sowie und die Qualität der Produkte bekannt zu machen.
Katrin: Ich habe das Gefühl, dass man die Produkte aus Sizilien ziemlich gut kennt und dank einiger großer Betriebeund auch den Passito aus Pantelleria, der ebenfalls aus der Königin von Pantelleria gemacht wird.
Francesco: Seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts hat ganz Sizilien gigantische Fortschritte gemacht bei der Qualität der Produkte aber auch beim Marketing für dieselben, auch dank der hervorragenden Arbeit einiger großer sizilianischer Familien und Produzenten. Aber es könnte noch viel mehr gemacht werden vor allem, um die kleinen Qualitäts-Produzenten zu unterstützen, von denen es in Sizilien viele gibt, von den Hängen des Etna bis zur Küste bei Trapani.
Vom Weinbau, Leben und Arbeiten auf Pantelleria
Katrin: Und Pantelleria?
Francesco: Pantelleria hat zusätzlich die typischen Schwierigkeiten einer kleinen Insel und eines Produktionsgebiets, das vor allem bergig ist. Die Ernte und die Arbeiten im Weinberg müssen alle manuell und gebückt ausgeführt werden, wenn wir uns die typische Kultivierung „ad Alberello“ (Gobelet- oder Busch-Erziehung) anschauen. Dabei wird die Rebe niedrig gehalten und steht zudem noch in einer kleinen Mulde, damit sie vor dem Wind geschützt ist. Viele Rebflächen sind bereits verlassen, weil der Ertrag aus dem Anbau der Trauben die enorme Anstrengung der Bauern nicht mehr aufwog.
Dann haben wir das jahrhundertealte Problem mit den unsicheren Verbindungen nach Sizilien und zum Festland und mit dem Hafen, der im Grunde nicht in der Lage ist, die Ankunft der Schiffe bei jedwedem Wetter zu garantieren. Das macht für uns das Planen sehr schwierig, zum Beispiel bei Lieferungen von Material, dass wir dringend im Weinkeller brauchen oder auch beim Verkauf. Um sicher zu sein, dass die Lieferung zum Kunden in der gewünschten Zeit erfolgt, baucht es ein Lager auf Sizilien oder in Mittel- oder Norditalien. Der durchschnittliche Produzent auf Pantelleria ist eher ein kleiner. Doch abgesehen davon oder vielleicht auch gerade deswegen, gibt es viele Beispiele von Weinen hoher Qualität.
Katrin: Dass Qualität in Sizilien entsteht, konnte man ja auch gut in den letzten beiden Spezial-Verkostungen sizilianischer Weine in wein.plus*** sehen im Best of autochthoner Weißweine aus Sizilien und Best of Nero d’Avola. Leider haben nicht so viele Produzenten aus Pantelleria mitgemacht.
Francesco: Ja leider, das wäre eine gute Promotion gewesen.
Jedoch abgesehen von der Verschiedenheit der Produzenten untereinander, wäre es nötig neue Formen der Zusammenarbeit direkt unter den Produzenten von Pantelleria zu suchen, um Synergien sowohl beim Einkauf als auch bei der Vermarktung zu garantieren. Vor allem im Marketing für die Produkte verbunden mit dem Marketing für die Insel selbst, ihrer Besonderheiten und Schönheiten braucht es die Hilfe der kommunalen Verwaltung, die sich nun scheinbar begonnen hat, in dieser Hinsicht zu bewegen.
Ich fühle in mich als jemand aus Pantelleria, auch wenn ich nicht dort geboren bin, und teile das, was alle dort in sich tragen: das Zugehörigkeitsgefühl und diese unverwüstliche Liebe für die Insel, die verbrüdert. Trotzdem hat dies leider noch nicht zu einer wirklichen Kooperation geführt.
Katrin: Und was möchtest du der Welt sonst noch mitteilen?
Francesco: Dass Leidenschaft, Tradition und hohe Qualität die drei Elemente sind, die unsere Arbeit bei Vinisola bestimmen. Wir haben unser Abenteuer erst vor Kurzem begonnen aber wir sind sehr stolz auf die bereits erreichten Erfolge, zum Beispiel mit unserem Passito Arbaria 2011: „Gran menzione“ auf dem 20. Internationalen Weinwettbewerb Vinitaly 2012, “Terroir d’Oro” auf dem 1. Weinwettbewerb „Vini di Terroir“ in Brignoles 2013 in Frankreich, bei dem der Wein neben Gold auch die Auszeichnung „Diamant“ für seine Verpackung erhielt, dann die Goldmedaille auf der Nationalen Weinausstellung in Pramaggiore (Venedig) 2013 und 90 Punkte im internationalen Online-Weinführer wein.plus, der ja als sehr kritisch gilt und da sind wohl 90 Punkte wie 95 bei anderen. Und kürzlich auf der Anuga 2013 in Köln sind sowohl der Arbaria als auch der Zefiro jeweils mit dem „Anuga Wine Special 2013 Silver Award“ ausgezeichnet worden.
Katrin: Gratulation! Und vielen Dank für das Interview und ich wünsche euch weiterhin so tolle Erfolge, und dass euch die Königin von Pantelleria immer hold bleiben möge.
Fandest du das Interview interessant? Du kannst dich gern bei mir mit einem frei wählbaren Betrag dafür bedanken.
Kontaktdaten: Vinisola Srl
Contrada Kazzen 11 – 91017 Pantelleria – Italien
Telefon+Fax +39 0923 912078 – www.vinisola.it
* DOP ersetzt DOC. Seit der neuen Weinmarktordnung aus 2009 gehen die italienischen Kategorien DOCG und DOC in die europäische Kategorie DOP (gU) über. Auf den Etiketten können demnach entweder nur die italienischen Begriffe oder nur die europäischen genutzt werden aber auch beide zusammen. Diese Wahlmöglichkeiten wurden in der italienischen Durchführungsverordnung eingeräumt, um die Tradition in Italien zu unterstreichen und eine „Verflachung“ der DOCG zur DOC zu vermeiden.
DOC …… Denominazione di Origine Controllata
DOCG … Denominazione di Origine Controllata e Garantita
DOP …… Denominazione di Orignine Protetta
gU ……… geschütze Ursprungsbezeichnung
** Luca Maroni ist ein italienischer Weinkritiker.
***wein.plus ist das Netzwerk für Wein in Europa im Internet seit 1998
mit Weinführer, Weinglossar und Weinzeitschrift online, in deutsch und englisch
für Weinliebhaber und Weinprofis.